Michaels Reisetagebuch - Michael Schubert berichtet in seinem Erfahrungsbericht über schwere Missstände in Graz/Österreich

Abschiedsbrief an meinen Vater, Klaus Schubert - verschickt am 22.12.2006

Inhalt:
I. Ankunft in Graz
II. Erste Schikanen der Grazer Behörden
III. Drohende Eskalation
IV. Erschreckende Erlebnisse in der »Sigmund Freund«-Klinik
V. Wer ist der dicke Mann?
VI. Neuer Suizidversuch
VII. Vertuschung und Abstrafung
VIII. Richtung Winter
IX. Mangelndes Vertrauen
X. Krankheiten und Schmerzen

Bilder meiner Wohnung
Schauerliches aus der österreichischen Presse
Stimmen der Leser / Fragen & Antworten
Eine kleine Mail-Auswahl

Klaus Schubert, Dibberser Mühlenweg, 21244 Buchholz/Nordheide

22. Dezember 2006

Lieber Papa,

mit diesem Brief werde ich mich hoffentlich heute von Dir verabschieden können. Ich werde jetzt versuchen, mir mit einer Überdosis an Medikamenten das Leben zu nehmen. Ich habe den Termin so gewählt, dass ich euch nicht das Weihnachtsfest verderbe; es gleichzeitig aber nicht mehr erleben muss.

Ich bin in den letzten vier Jahren durch schwere Zeiten gegangen, aber hier in Graz habe ich seit meiner Ankunft am 3. August 2005 die pure Hölle erlebt (Details stehen auf den genannten Webseiten).

Du hast mich zuletzt absolut im Stich gelassen. Mein Brief an Dich vom 26. Mai 2006 war ein einziger Hilferuf an meinen Vater, den Du mit keinem einzigen Wort versucht hast, zu beantworten.

Als ich Dich am 2. Weihnachtstag 2005 angerufen hatte und Dich um Hilfe angefleht habe (ich hatte 40 C Fieber, saß in meiner unbeheizten, verschimmelten Wohnung, hatte keinen Strom, weil die Sicherungen zum 2. Mal rausgeflogen waren) hast Du nichts getan. Du bist nicht mal auf die Idee gekommen, zu sagen: »Nimm den nächsten Zug, mein Sohn, und komme zu uns!« Du hattest solche Panik vor Deinem Sohn, der Dir nichts getan hat, dass Du lieber gar nicht mehr geantwortet hast.

Sehenden Auges würdest Du Deinen Sohn ins Obdachlosenasyl gehen lassen. Du hast mich immer nur abgelehnt oder mich als notwendiges Übel angesehen. Ich war für nichts gut genug. Warum schaffst Du Dir dann überhaupt Kinder an?

Seit ich denken kann, hattest Du nie wirklich Zeit. Als Kind und Jugendlicher warst Du bei der Arbeit und hast fast jeden Tag der Woche Badminton gespielt. Später hast Du dann keine Zeit gehabt, weil Du erst das Haus am Heimgarten, dann in Todtglüsingen und jetzt am Dibberser Mühlenweg bauen mußtest.

Als Kind gab es keine gemeinsamen Urlaube; Du hast mich nur abgeschoben - an den Wochenenden zu Oma, in den Ferien zu Tante Else.

Mein ganzes Leben lang hast Du mir die Schuld an allem gegeben. Nicht ein einziges Mal hast Du bei Dir nach Fehlern gesucht. Ich war ja da, dem Du sie aufdrücken konntest. Aber ich habe nichts vergessen. »Schuld« war Dein Lieblingswort in meine Richung - über Jahrzehnte hinweg.

Als 13-Jähriger bin ich durch die Hölle gegangen, mußte eure Scheidung mit Muttis Gebrüll und Geschrei ertragen. Sie schloß sich stundenlang im Badezimmer ein, drohte, sich dort umzubringen. Es verging kaum ein Tag, wo mir nicht mit dem Heim gedroht wurde, weil ihr Probleme hattet. Ich wurde immer nur erpresst nach dem Motto: Wenn Du das nicht so tust, kommst Du ins Heim. Als sich meine Leistungen in der Schule verschlechterten, bekam ich wieder die alleinige Schuld.

Euer Scheidungsgebrüll und die Drohungen, mich in ein Heim abzuschieben sind der Grund für die extremen Verlustängste, an denen ich heute leide. Als Kind zeigte Mutti mit dem Finger auf mich, als ich vor lauter Schüchternheit keine Freunde hatte. Als ich später welche hatte, war es praktisch nie möglich, diese mit nach Hause zu bringen, was besonders schmerzhaft war, weil ich bei meinen Freunden und deren Eltern immer willkommen war. Jahrelang mußte ich Ausreden erfinden, warum wir nicht zu mir gehen konnten. Deshalb bin ich heute ein so gastfreundlicher Mensch und leide entsprechend darunter, dass dieses die erste Wohnung ist, wohin ich niemanden einladen kann.

Mein ganzes Leben lang habt ihr Gaby bevorzugt. Immer! Auch dann noch, als wir Kinder längst ausgezogen waren. Sie hat das entsprechend ausgenutzt. Auch in höherem Alter noch. Und als ich mich dann -nach unendlicher Geduld- entschieden hatte, den Kontakt zu ihr abzubrechen, bekam ich wieder die Schuld. Du hast nicht einmal versucht, Dinge zu hinterfragen. Das war Dir auch egal. Du brauchtest einen Sündenbock - das war wichtiger.

Mit keinem einzigen Wort hast Du mir gegenüber jemals ein Wort des Bedauerns geäußert, für das, was Heidrun mit mir gemacht hat, als ich damals kurzzeitig bei euch in der Brandenburger Straße gelebt habe. Kaum kam ich aus der Schule, hetzte sie über Mutti, schnüffelte in meinen Sachen herum, ließ sie sogar verschwinden, drohte mir permanent mit dem Heim und erzählte Dir Lügengeschichten, als Du von der Arbeit kamst. Sogar, dass ich sie geschlagen hätte und sie deshalb eine Gehirnerschütterung hatte! Das hast Du ihr alles geglaubt und mich verdammt! Selbst als Du nach kürzester Zeitz erkannt hast, was diese Frau für ein Drachen ist, hast Du Dich mir gegenüber für nichts entschuldigt.

Nein, selbst als Eure Ehe kaputt war, durftest Du mit mir nicht zu »Hoheluft« fahren, um ein Bauernfrühstück anläßlich meines Geburtstages zu essen. Sie hatte es verboten! Wir mussten es heimlich tun - wie Schwerstverbrecher! Nervös und voller Hektik verlief das Essen. Innerhalb einer halben Stunde waren wir wieder draußen. So ging das Jahr für Jahr! Du hast Dich ihr gegenüber nie gewehrt und dieses Verhalten mir gegenüber als normal empfunden.

Mit Elvira ist es jetzt offenbar ähnlich. Sie verbietet Dir den Umgang mit mir, obwohl ich auch ihr nie etwas getan habe. Und genau, weil ich ihr nie etwas getan habe, nutzte sie meine Bitte, den Schrank bei Dir auf dem großen Grundstück in Todtglüsingen abzustellen, für ihre Abrechnung. Von dem Tag an durftest Du mit mir keinen Kontakt mehr haben. Weil ich einen gut erhaltenen Schrank bei Dir abstellen wollte!!! Wenn dann doch noch mal ein Brief von Dir kam, stand drin, sag' bloß nichts Elvira davon. Es war alles wie gehabt! Elviras Tochter hat Dich abgelehnt, als ihr geheiratet habt. Vielleicht war deshalb für Elvira ein harmonisches Verhältnis zu mir undenkbar.

Wenn ich mir umgekehrt vorstelle, dass meine Freundinnen mir verboten hätten, mit Dir Kontakt zu haben... Unvorstellbar! Hast Du Dir nie die Frage gestellt, was das für Menschen sind, die Dir den Kontakt zum eigenen Sohn verbieten? Im Gefängnis sitzen oft Kriminelle ein, die trotzdem noch von ihren Eltern besucht werden.

Als ich mit Sabine 2002 für ein Wochenende in Norddeutschland war, durften wir Dich nicht zu Hause besuchen!!! Wir mussten uns heimlich -wie Verbrecher- in Undeloh treffen, wo Du wie ein gehetztes Tier auf die Uhr schautest.

Dass ich heute handwerklich so unfähig bist, obwohl Du ganze Häuser renovieren kannst, liegt an Dir, obwohl Du mir immer die Schuld dafür gegeben hast. Du konntest nichts erklären, bist erst ungeduldig und dann jähzornig geworden. Da verliert jedes noch so interessierte Kind die Lust, etwas zu lernen.

Als ich arbeitslos war, war nicht die marode Wirtschaft Schuld, nicht die Wiedervereinung - sondern ich. Aber als ich Dich Ende der 80er Jahren gebeten hatte, mir bei der Phoenix einen Job zu besorgen, hast Du nichts für mich getan, obwohl Du über 40 Jahre dort gearbeitet hast. Während mir Detlef Schäfers Mutter bei »Barakuda« einen Ausbildungsplatz besorgt hatte, hast Du jobmäßig nie etwas für mich getan.

Über 40 Jahre mußte ich mir immer wieder anhören, dass Du ja schließlich auch nichts von mir willst, wenn ich Dich um Hilfe gebeten habe. Vorwurfsvoll hast Du in meine Richtung gesagt: »Was tust Du denn für mich?« Du hast mich nie/selten um etwas gebeten; Du warst nie allein, weißt überhaupt nicht, was Alleinsein und Einsamkeit bedeutet, Du hattest immer Deine Frauen und eine liebenswerte Mutter, die bis ins hohe Alter für Dich da war.
Hast Du bei Deinem Hausstress nur mal eine einzige Sekunde gefragt, wie es für mich ist, in einer vollkommen verschimmelten Wohnung, bei 40 C Fieber und ohne Heizung bei bitterster Kälte Heiligabend zu verbringen? Nur eine Sekunde?

Mein Engagement, im Ausland Arbeit zu finden, hast Du nie gewürdigt. Als ich arbeitslos war, habe ich Weiterbildungen und Volkshochschulkurse besucht, um dran zu bleiben. Kein Lob, nichts.

Aber das Ungeheuerliche ist, dass Du dann anderen gegenüber über mich hetzt, dass Du zu Hans-Henning sagst, ich hätte meine Freundinnen alle in die Psychiatrie gebracht. Meine Freundinnen hast Du alle nicht gekannt, sie maximal ein paar Stunden gesehen und vielleicht das eine oder andere Telefonat geführt.

Wie kommst Du darauf, dass Angelika reif für den Psychiater war? Ich kam in die Psychiatrie! Angelika hatte längst einen anderen (Reinhard Mittrach, Buchenweg 1, Weißenhorn). Nach dem Ende unserer Beziehung (ich stand von einem zum anderen Tag ohne Wohnung, ohne Frau und Kinder, ohne Hund, ohne Arbeit und ohne Geld da) ist sie sofort von Illertissen nach Weißenhorn zu diesem Mann gezogen. Reif für den Psychiater war ich, der Tabletten schluckte, drei Tage im Koma lag und dann in die Psychiatrie nach Günzburg kam.

An meinem allerersten Tag in Illertissen, lernte ich prompt Angelikas Vater kennen, der mich nicht kannte; sofort als Preussen titulierte und absolut kein Verständnis dafür hatte, dass ich keinen Most trinke. Ohne mich je gesehen zu haben, war ich sofort verdammt. Natürlich hat sich das Verhältnis nie geändert. Wenn jemand Streit und Zank will, kann man nicht viel dagegen tun. Hat Angelika Dir von Sven, ihrem Sohn, erzählt? Sie war verzweifelt, weil er an dem ADHS-Syndrom litt und in der Schule nur 5en und 6en hatte. Ich war irgendwie dafür vorgesehen, als Vaterersatz(?) sein Problem zu lösen und war damit auch überfordert. Schließlich musste auch ich den Umgang mit Kindern lernen. Es waren schließlich meine ersten Kinder, die zudem schon recht groß waren.

Hat mich je jemand dafür gelobt, dass ich in Norddeutschland meine Wohnung aufgegeben habe und nach Illertissen gezogen bin? Ich habe das gemacht, weil Angelikas Kinder dort zur Schule gingen und dort ihre Freunde hatten. Ich hätte mich auch bequem im Stuhl zurücklehnen und sagen können: Zieht ihr doch zu mir! Wäre einfacher gewesen? Oder glaubst Du, dass ein erzkatholisches Dorf in Bayern mein erklärtes Lebensziel war?

Susan war in England am Ende wirklich fix und fertig. Uns beiden ging es finanziell gut wie nie, wir hatten beide ein Auto, als ihr Vater in Buchholz-Trelde einen Schlaganfall erlitt, zum Pflegefall wurde und sie daraufhin nur noch nach Deutschland zurück wollte. Das war eine schwere Zeit und ich war nie sicher, was das richtige war: Ins wirtschaftlich kaputte Deutschland zurück gehen? Unsere guten Jobs in England, die schöne Wohnung etc. alles aufgeben?

Du hast nie Dinge hinterfragt, nie die zweite beteiligte Person befragt, ob es wirklich so war. In dem Moment, wo jemand negativ über mich geredet hat, warst Du zufrieden und hast Dich bestätigt gefühlt. Das passte in Dein Bild.

Du hast immer nur gefordert, ich soll meine Mutter im Krankenhaus besuchen. Den Kontakt mit ihr und Gaby habe ich 1992 aus Verzweifung abgebrochen. Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht; konnte allerdings diese anhaltenden Benachteilungen nicht mehr ertragen. Mutti konnte sich ihr Leben lang immer nur auf eine Person konzentrieren; nicht auf zwei oder mehr. Als ich geboren wurde, kümmerte sie sich um mich. Als Gaby da war, spielte ich nicht mal mehr die 2. Geige. Und so war es 1992 wieder. Als Wurzel alt und krank war, durfte er plötzlich nicht mehr bellen, wenn jemand an der Tür klingelte, weil jetzt Gabys Baby schlafen musste. Da wurde der arme, alte Hund beschimpft und angebrüllt; er wusste gar nicht was los war. Der Hund existierte nach der Geburt von Gabys Kind nicht mehr. Das war der Grund, der das volle Fass bei mir zum Überlaufen brachte.

Du hast mich kritisiert, dass ich Mutti nicht im Krankenhaus besuche. Du hast jedoch nie hinterfragt, ob ich überhaupt das Geld hatte, von Irland nach Hamburg zu fliegen (oder jetzt von Graz nach Buchholz kommen soll). Du hast mir auch nie einen Schlafplatz angeboten, den ich gebraucht hätte. Du wolltest im Prinzip nur, dass ich sage: »Nein, ich komme nicht!« Das war die Antwort, die Du brauchtest, um das negative Bild weiterleben zu lassen.

Als ich im März 2000 an der Schilddrüse operiert wurde, hast Du mich nicht im Krankenhaus besucht. Ich war nur 40 km entfernt. Mutti hat mich auch nicht besucht. Nicht mal ein Anruf, keine Karte - nichts.

Als ich im März 2002 nach meinem Suizidversuch drei Tage im Koma lag, hat mich auch niemand besucht (Du hast wenigstens öfter angerufen). Ich war inzwischen in Bayern und das wäre eine lange Reise gewesen. Aber sie hat nicht mal angerufen oder eine Karte geschrieben. Das war ihr zuviel. Dazu war sie -wie immer- zu stolz. Und von mir verlangst Du, ich solle sie besuchen, was ich auch getan hätte, wenn ich in Buchholz gewesen wäre. Aber ich habe nicht mal das Geld, meine Wohnung zu beheizen, bin jetzt finanziell vollkommen am Ende.

Mein ganzes Leben lang habt ihr von mir gefordert, den ersten Schritt zu tun. Egal, was Mutti, Heidrun, Elvira oder wer auch immer getan hat: Ich sollte als erster auf den anderen zugehen. Immer ich. Niemals hat sich jemand von euch für etwas entschuldigt. Der immer zu Kreuze kriechen musste, war ich!

Du hast Deinen Sohn zuletzt als »Fass ohne Boden« bezeichnet, weil es mir finanziell so schlecht ging. Statt mich zu loben, wie gut ich mit dem wenigen Geld gehaushaltet habe. Viel Geld, dass ich von Onkel Heinz bekommen habe, war schnell wieder weg - weil ich es immer für hohe Mietkautionen und Mieten verwendet habe und die Kaution nach meinem Auszug selten wieder bekommen hatte.

Für mich hattest Du im Jahr 2006 keine einzige Sekunde (!!!) Zeit. Du hast mir nicht einmal einen Kontoauszug geschickt. Nicht einen im ganzen Jahr! Kein Brief, kein Anruf! Keine Informationen wie es Mutti oder Onkel Heinz ging. Mir hast Du erzählt, dass es Dir nach Deiner Prostata-OP so schlecht geht; in Wahrheit hast Du an Deinem 4. Haus gebaut! Ich gönne es Dir, dass Du eine nette Frau und ein Haus hast - Du hast ja auch viel dafür getan. Wofür ich kein Verständnis habe, ist, dass Du mich im Stich gelassen hast.

Du hast Dich auch nicht erkundigt, ob ich vielleicht zur Beerdigung von Onkel Heinz kommen möchte. Du hattest Angst, dass ich ja sage. Du wolltest mich auf gar keinen Fall in Deiner Nähe haben. Es war Dir lieber, ich hause in meiner verschimmelten Wohnung ohne Geld für Kleidung, Medikamente und Heizöl. Zu Weihnachten hast Du Dich auch nicht gemeldet.

Ich habe seit dem 9. Januar 2006 gearbeitet, keinen einzigen Tag gefehlt, obwohl es mir oft schlecht ging. Parallel habe ich über 200 Bewerbungen geschrieben, die mich ein Vermögen gekostet haben - Geld, dass mir jetzt beim Heizen fehlt. Ich habe keinen einzigen Cent Zuschuss bekommen und konnte nicht mal meine Medikamente finanzieren. Welch unglaubliche Dinge ich hier in Graz erlebt habe, steht auf unten genannten Webseiten. Für all meine Bemühungen, all meine Kämpfe, die mich so viel Kraft und meine Gesundheit gekostet haben, gab es nicht das geringste Lob von Dir.

Wenn ich mal einen Ratschlag von Dir bekommen habe, war er inhaltlich nicht zu gebrauchen. Dein Satz, ich könne ja zurück nach Deutschland kommen, ist abenteuerlich. Das Land ist wirtschaftlich vollkommen kaputt; es hat die höchsten Arbeitslosenzahlen in West-Europa. Eine Wohnung, Möbel Miete, und Kaution würde ich auch dort brauchen. Aber so etwas zahlt das Sozialamt nicht! Mein Antrag auf Wohngeld wurde damals in Ulm acht Monate bearbeitet! Damals gab es noch kein Hartz IV - jetzt ist alles noch viel schlimmer geworden. Und einen Anspruch auf Geld vom Sozialamt hätte ich erst, wenn ich meine Bezüge in Österreich nachweisen kann. Die Bearbeitung dieses Formulars (E301) kann je nach Land 3 - 12 Monate dauern.

Die Menschen, die es sich leisten können, die gut Ausgebildeten, fliehen in Scharen aus Deutschland. Eine Völkerwanderung. Es vergeht kaum eine Woche, wo im Fernsehen nicht ein Film über Auswanderer und ihre Gründe läuft.

Die zurückgebliebenen Arbeitslosen verarmen innerhalb kürzester Zeit. Als ich in den 90er Jahren solche Szenarien prognostiziert habe, hast Du nur gelacht und gesagt, dass sei überall auf der Welt so.

War alles in Ordnung (Friede, Freude, Eierkuchen) warst Du auch ein freundlicher, gut aufgelegter Vater. Aber wehe, es gab Probleme. Dann warst Du über alle Berge.

Vieles wäre leichter gewesen, wenn ich wüßte, warum Du mich so ablehnst, was ich Dir getan habe, warum Du mir für alles die Schuld gibst. Darüber habe ich mein ganzes Leben gegrübelt und erst recht in den letzten zwölf Monaten seit Weihnachten 2005, als mich mein eigener Vater in einer winterkalten Wohnung bei 40 C Fieber hat sitzen lassen und sich danach nie wieder gemeldet hat.

Ich hoffe, dass Du mich jetzt los bist, wo Du diese Zeilen liest - ich bitte um Verständnis, dass ich dieses Mal nicht geräuschlos gehen werde. Die Dinge, die hier in Graz passiert sind, waren zutiefst erschreckend und ich möchte, dass die bekannt werden. Zeitgleich mit diesem Brief habe ich die deutsche Botschaft, diverse deutsche und österreichische Zeitungsverlage und jeweils ein deutsches/österreichisches TV-Programm benachrichtigt. Zudem habe ich eine Anwältin, mit der ich mal zur Schule gegangen bin, informiert, sowie zahlreiche Behörden und Organisationen hier in Österreich.

Lieber Papa, Du bist kein schlechter Mensch - trotzdem musste das mal raus. Ich habe hier so grausig gelitten und war so unendlich allein.

Liebe Grüße, Michael Originalbrief

Reaktion: Mein Vater rief mich zwischen Weihnachten und Neujahr in der Klinik an; rief auch bei der Deutschen Botschaft in Wien an, die nichts tat, um mir zu helfen. Auch mein Vater betonte, er könne mir nicht helfen.

Weitere Briefe an meinen Vater:
Brief vom 28. März 2008
Brief vom 30. März 2008
Brief vom 20. September 2008

Menschenverachtende Erfahrungen in Graz